Hier finden Sie allgemeine Informationen und den Ablauf von Beschwerdeverfahren
Zu den Aufgaben der Rechtsanwaltskammer gehört nach § 73 Abs. 2 Ziffer 4 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) auch die Überwachung der Erfüllung der den Mitgliedern obliegenden Berufspflichten. Die berufsrechtlichen Pflichten sind insbesondere in §§ 43 ff. BRAO und in der Berufsordnung für Rechtsanwälte (BORA) geregelt. Hierzu zählen beispielsweise die Pflicht zur Verschwiegenheit, das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen, der sorgfältige Umgang mit Fremdgeld und das Verbot der Umgehung der Rechtsanwältin bzw. des Rechtsanwaltes der Gegenseite. Die Rechtsanwaltskammer prüft hingegen nicht die inhaltliche Mandatsbearbeitung. Sie prüft nicht, ob eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt seine Mandantschaft falsch beraten oder den Prozess fehlerhaft geführt hat und ob der Mandantschaft aus diesem Grunde gegebenenfalls ein Schadensersatzanspruch gegen die Rechtsanwältin oder den Rechtsanwalt zusteht. Diesbezüglich kommt gegebenenfalls ein Schlichtungsverfahren in Betracht.
Ein außerhalb des Berufs liegendes Verhalten der Rechtsanwältin oder des Rechtsanwalts ist nur dann eine anwaltsgerichtlich zu ahndende Pflichtverletzung, wenn es eine rechtswidrige Tat oder eine mit Geldbuße bedrohte Handlung darstellt und nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße dazu geeignet ist, Achtung und Vertrauen der Rechtssuchenden in einer für die Ausübung der Anwaltstätigkeit bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen (§ 113 Abs. 2 BRAO).
Sind seit der Pflichtverletzung mehr als drei Jahre vergangen, so darf eine Rüge nicht mehr erteilt werden (§ 74 Abs. 2 Satz 1 BRAO). Im Übrigen verjähren Pflichtverletzungen in der Regel nach fünf Jahren (§ 115 Abs. 1 Satz 1 BRAO).
Welche Informationen benötigen wir?
Beschwerden müssen schriftlich und unter Mitteilung des Namens nebst Postadresse sowie Benennung der Rechtsanwältin bzw. des Rechtsanwaltes mit Vor- und Zunamen eingereicht werden.
Ein bestimmter Antrag ist nicht erforderlich. Allerdings sollte deutlich gemacht werden, dass eine berufsrechtliche Überprüfung im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens gewünscht wird. Der maßgebliche Sachverhalt und insbesondere das, was beanstandet wird, sollte möglichst konkret beschrieben werden. Beispielsweise sollte also nicht nur pauschal mitgeteilt werden, dass die Rechtsanwältin oder der Rechtsanwalt auf Anfragen nicht reagiert habe, sondern es sollte konkret dargelegt werden, welche Anfragen (per E-Mail? per Brief? telefonisch? Datum?) nicht beantwortet wurden. Die Übersendung maßgeblicher Unterlagen in Kopie (Korrespondenz, Urteile etc.), die dem Beweis dienen und / oder aus welchen sich weitere Einzelheiten ergeben, ist sinnvoll.
Sofern eine Verletzung berufsrechtlicher Pflichten auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens in Betracht kommt, wird die betreffende Rechtsanwältin bzw. der betreffende Rechtsanwalt bzw. die betreffende Berufsausübungsgesellschaft zur Stellungnahme aufgefordert. Nach Maßgabe des § 56 Abs. 1 BRAO besteht grundsätzlich eine Pflicht zur Auskunftserteilung. Wir sind bemüht, das Aufsichtsverfahren so transparent wie möglich zu gestalten und übersenden die anwaltliche Stellungnahme regelmäßig an die Beschwerdeführer zur Kenntnisnahme mit der Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme. Vor dem Hintergrund unserer Verschwiegenheitspflicht ist dies jedoch insbesondere dann nicht möglich, wenn die betreffende Rechtsanwältin bzw. der betroffene Rechtsanwalt bzw. die betreffende Berufsausübungsgesellschaft einer Weiterleitung der Stellungnahme widerspricht.
Die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer geben zwar oftmals den Anstoß für die Einleitung eines Aufsichtsverfahrens, sind an diesem allerdings nicht wie die Parteien eines Gerichtsprozesses beteiligt. Einerseits müssen die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer nicht in eigenen Rechten verletzt sein, andererseits haben sie nicht die gleichen Rechte wie beispielsweise die Beteiligten eines Gerichtsprozesses.
Sofern sich die Beschwerdeführerin bzw. der Beschwerdeführer nochmals äußert, erhält die Rechtsanwältin bzw. der Rechtsanwalt bzw. die Berufsausübungsgesellschaft Gelegenheit zur abschließenden Äußerung.
Sodann prüft die zuständige Vorstandsabteilung, ob eine Verletzung berufsrechtlicher Pflichten vorliegt bzw. möglich erscheint und was zu veranlassen ist.
Verneint die Abteilung das Vorliegen einer Verletzung berufsrechtlicher Pflichten, so weist sie die Beschwerde unter Mitteilung der Gründe zurück.
Hat die Rechtsanwältin bzw. der Rechtsanwalt bzw. die Berufsausübungsgesellschaft berufsrechtliche Pflichten verletzt, ist die Schuld allerdings gering, so kann die Vorstandsabteilung ihr bzw. ihm eine Rüge erteilen (§ 74 BRAO). Gegen die Rüge steht das Rechtsmittel des Einspruchs zur Verfügung. Wird kein Einspruch erhoben, so teilen wir den Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführern die Rügeerteilung mit kurzer Begründung der Entscheidung mit, anderenfalls das Ergebnis des Einspruchsverfahrens (§ 73 Abs. 3 BRAO). Wird der Einspruch zurückgewiesen, kann die Rechtsanwältin bzw. der Rechtsanwalt bzw. die Berufsausübungsgesellschaft die Entscheidung des Anwaltsgerichts beantragen.
Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer können die Entscheidung der Beschwerdeabteilung oder der Einspruchsabteilung nicht durch ein Rechtsmittel anfechten.
Sofern entweder eine erhebliche Verletzung berufsrechtlicher Pflichten jedenfalls möglich erscheint und/oder eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes notwendig ist, gibt die Vorstandsabteilung den Vorgang an die Generalstaatsanwaltschaft ab. Auch über diese Abgabe informieren wir die Beschwerdeführerinnen und Beschwerdeführer. Das Verfahren bei der Rechtsanwaltskammer ist dann jedoch beendet, so dass weitere Auskünfte nur noch die Generalstaatsanwaltschaft erteilt. Diese prüft, ob ein Prozess vor dem Anwaltsgericht einzuleiten ist. Wir bitten zu beachten, dass eine Abgabe an die Generalstaatsanwaltschaft keineswegs zwingend bedeutet, dass es später auch zu einem Prozess vor dem Anwaltsgericht bzw. zu einer Verurteilung durch das Anwaltsgericht kommt.
Wenn wegen des gleichen Sachverhaltes auch eine Strafanzeige erstattet wurde, wird das Verfahren in der Regel ausgesetzt oder zunächst nicht eingeleitet, da die Staatsanwaltschaft weitergehende Ermittlungsmöglichkeiten hat.